Es ist ausgerechnet der juristische Dienst des EU-Ministerrats, der ein Scheitern der Überwachung durch Chatkontrolle prognostiziert hat. Dies geht aus einem geleakten Gutachten hervor, in dem die juristischen Berater der EU-Regierungen den Plan, ohne einen Verdacht die private Kommunikation zu scannen, für grob rechtswidrig halten. Inzwischen gibt es gravierende und massive Bedenken gegen den Entwurf der EU-Kommission.
Das Recht auf Privatsphäre
Die EU-Kommission wollte die Überwachung durch Chatkontrolle auf den Weg bringen, um ein Mittel im Kampf gegen den Kindesmissbrauch zu haben. Nach Ansicht von Rechtsexperten ist dies allerdings nur ein Aufhänger für die Überwachung durch Chatkontrolle bei privaten Unterhaltungen. Damit wird ein „Kernrecht des Grundrechts“ auf Achtung des privaten Lebens verletzt, so die Gutachter des EU-Rats. Spätestens vor dem Europäischen Gerichtshof wird dieser Plan scheitern. Der Kern des Vorschlags der EU-Kommission sind die Anordnungen zur Aufdeckung verschlüsselter Messenger-Dienste, wie beispielsweise Signal, WhatsApp oder auch Threema. Dort sollte nach Darstellungen des sexuellen Missbrauchs gesucht werden.
Ein Einschnitt in die Grundrechte
Diese Überwachung durch Chatkontrolle ist ein sehr breiter und tiefer Einschnitt in die Grundrechte und lässt sich mit der Rechtsprechung in der EU nicht mehr vereinbaren. Das Ganze, so der Europäische Gerichtshof, wird zu einer allgemeinen und wahllosen Überprüfung, die sich nicht mehr auf ein erforderliches Maß beschränken lässt. Vielmehr ist das Sammeln von Informationen jeglicher Art de facto eine permanente Überwachung der gesamten zwischenmenschlichen Kommunikation. Durch einen Zugriff auf die ganz persönlichen Nachrichten der Bürger in der EU, die nicht im Entferntesten mit dem sexuellen Missbrauch von Kindern zu tun haben, geht das Recht auf Vertraulichkeit in der Kommunikation verloren.
Kein Bedarf an Korrektur
Nach dem jüngst veröffentlichten Entwurf der schwedischen Ratspräsidentschaft sieht man keinen Bedarf an einer Korrektur des geplanten Vorhabens der Chatkontrolle. Zehn weitere Staaten der EU, inklusive des zukünftigen Ratsvorsitzenden Spanien, haben den Schweden Rückendeckung gegeben. Die Bundesregierung hat sich ebenfalls zu einer Stellungnahme durchgerungen. Sie ist gegen die Chatkontrolle mit der Hilfe von „Client-Side-Scanning“, kurz CSS. Dabei handelt es sich um ein ganz besonders umstrittenes Durchsuchen und Ausleiten von privaten Kommunikationen direkt auf Endgeräten der jeweiligen Nutzer. Damit würde dann die sogenannte Ende-zu-Ende-Verschlüsselung unterlaufen.
Was sagt die Innenministerin?
Die Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hält allerdings weiter an der Überwachung von unverschlüsselten, privaten Kommunikationen fest. Ihrer Meinung nach sollte dies durch Scannen der Chats vonseiten des Servers und der persönlichen Cloud-Speicher geschehen. Digitalminister Volker Wissing (FDP) ist aber dagegen und will auch ein Veto einlegen, wenn es sein muss. Nachdem die Kritik der eigenen Berater vernichtend ist, wird es langsam sehr einsam um die „Bundesüberwachungsministerin“ Faeser, so ein EU-Abgeordneter. Ihre Position ist unhaltbar geworden und zum Scheitern verurteilt.
Fazit
Mit der geplanten Verordnung ist letztlich niemandem geholfen. Es wird lediglich zu einer wahren Flut von falschen Anschuldigungen kommen, was die wirklich effektiven Ermittlungen, Kindern zu helfen, deutlich erschweren wird. Die eigentlichen Täter werden ungestraft davonkommen und sich neue Wege suchen, die sie mit Sicherheit auch finden werden. Was bleibt, ist das ungute Gefühl, vom Staat in jeder Lebenssituation überwacht zu werden. Das Ganze erinnert viele an chinesische Verhältnisse, wo solche Praktiken schon heute zum Alltag gehören und wo soziale „Fleißpunkte“ vergeben werden.
Bild: @ depositphotos.com / Gorodenkoff
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